..von RAW-Dilemmas, Urheberrechten und sonstigen Fotografenproblemen.
Das Leben als Fotograf müsste doch relativ einfach sein: Ein paar schöne Fotos aufnehmen, bearbeiten und den glücklichen Kunden zusenden. Das höre ich oft von meinen Kunden. Doch in Wahrheit steckt viel mehr dahinter: Von Kommunikation über Buchhaltung bis hin zu Bildlizenzen und rechtlichen Hintergründen. Heute gebe ich dir einen kleinen Einblick in zwei Probleme, die mir in meinem Fotografenalltag häufiger begegnen.
Links siehst du das unbearbeitete RAW, rechts meine bearbeitete und entwickelte Version als JPG.
Warum Fotografen keine RAWs herausgeben
„Wow, du hast aber viele Fotos heute gemacht – die bekommen wir aber alle, oder? Du musst sie auch nicht alle bearbeiten…“
Immer öfter höre ich diese Sätze von Kunden oder Brautpaaren, und wie bei den meisten Fotografen lautet die klare Antwort: „Nein, die unbearbeiteten RAW-Dateien verbleiben bei mir.“ Doch warum ist das so, und warum geben Fotografen, die klar hinter ihren Prinzipien und ihrer Bildbearbeitung stehen, keine RAW-Fotos heraus?
Um dir das näher zu beleuchten, muss ich einen kurzen Exkurs dazu machen, was RAW-Fotos überhaupt sind. RAW- (oder auch Roh-)Dateien entstehen direkt in der Kamera und werden dort unkomprimiert gespeichert. Dadurch bieten sie mir als Fotografin im Nachhinein ein riesiges Spektrum an Bearbeitungs-Möglichkeiten, bemessen aber auch eine monstermäßige Dateigröße. Im Gegensatz zu den gängigen JPG-Dateien benötigen RAWs zur Darstellung und Handhabung spezielle Programme, um in ihnen zur Verwendung entwickelt zu werden. Denn erst nach der Bearbeitung wird das Foto zu einem Foto – ähnlich wie mit den Negativen früher, die auch zunächst entwickelt werden müssen.
Bei einem Shooting entstehen meist viel mehr Fotos als die, die am Ende benötigt werden. Das ist auch normal: Währenddessen probiere ich verschiedene Lichtsituationen aus, teste unterschiedliche Blickwinkel, oder versuche dein den perfekten Augenblick deines Lächelns einzufangen. Nach meinem Shooting biete ich dir die Möglichkeit, im Anschluss an eine eigene Vorauswahl selbst auszusuchen, welche Bilder ich für dich bearbeiten soll – hier kannst du gegen einen kleinen Aufpreis auch mehr Fotos auswählen als ursprünglich geplant. Doch am Ende erhältst du nur die bearbeiteten und hochauflösenden Exemplare, auf die deine Wahl gefallen ist.
Denn du bezahlst nicht für die Rohdaten, sondern für das finale Produkt. Für die Fotos, die ich in stundenlanger Arbeit nur für dich liebevoll bearbeitet habe. Fotografie ist nicht nur das bloße Aufnehmen der Fotos mit der Kamera selbst, sondern die Kreation eines individuellen und unverkennbaren Bildstils – bei dem die Bildbearbeitung ein unersetzlicher Teil ist. Du entscheidest dich für den Fotografen oder die Fotografin aufgrund der Bildsprache, die dich als Kunde anspricht.
Da du, wie oben schon erwähnt, RAW-Fotos bearbeiten musst, um sie verwenden zu können, würde die Herausgabe der Dateien bedeuten, dass du die Bildsprache für mich übernimmst. Wenn dann völlig untypisch (und womöglich aus fotografischer Sicht fehlerhaft oder ungünstig) bearbeitete Bilder von „mir“ in Umlauf kommen, kann das zu Irritationen und im schlimmsten Fall zu Rufschädigung führen. Es kann der Grund sein, warum sich neue Kunden gegen mich als Fotografin entscheiden, da Verwirrung hinsichtlich der Qualität meiner Ergebnisse auftritt. Und dies lässt sich in der digitalen Zeit nur schwer rückgängig machen. Natürlich lassen sich die ausgehändigten JPG-Dateien im Nachhinein auch um-bearbeiten – allerdings sind die Möglichkeiten im Vergleich zu RAW-Dateien deutlich begrenzter. Für sie gelten nichtsdestotrotz die gleichen Nutzungsrechte, die du jederzeit hier nachlesen kannst.
Die Logik hinter alldem lässt sich schlussendlich gut mit einem leckeren Essen in einem großartigen Restaurant vergleichen – hier bekommst du ja auch dein fertiges Gericht serviert, und darfst dir nicht aus den gelieferten Zutaten etwas Eigenes zusammenstellen… das würde dem Ruf des Restaurants schaden! Wenn du Lust hast, selbst etwas zu kochen, gehst du in den Supermarkt und verarbeitest alles auf deine Weise. Hier würdest du ebenfalls nie das Original-Rezept des Restaurants bekommen, um es in den eigenen vier Wänden austesten zu können!
Was es mit dem Urheberrecht auf sich hat
„Schau mal, das Foto habe ich letztens auf Instagram gesehen, ist hübsch, oder? Oh, das ist von dir? Das wusste ich gar nicht…“
Solche Gespräche versetzen mir als Fotografin einen kleinen Stich ins Herz. Ich freue mich immer wahnsinnig, wenn von mir aufgenommene Fotos in gedruckter Form oder auch online, zum Beispiel in den sozialen Medien, veröffentlicht werden. Noch mehr freue ich mich allerdings, wenn auch mein Name unter dem Bild genannt wird. Um dich ein wenig in die Gefühlswelt eintauchen zu lassen: stell dir mal vor, du schreibst einen Song, und der landet ein paar Wochen später in den Top 10 der Charts. Er läuft den ganzen Tag im Radio rauf und runter – doch niemand weiß, dass er von dir ist.
Abgesehen von meinen verletzten Gefühlen ergibt sich aus der unterschlagenen Namensnennung jedoch auch ein rechtliches Problem. Da es sich bei Fotografien um ein „Werk“ im Sinne des Urheberrechts handelt, sind diese durch das Urheberrechtsgesetz umfassend geschützt – ebenso wie ihr Urheber, der Fotograf. Um es juristisch auszudrücken: Nach § 13 UrhG hat jeder Fotograf das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem von ihm geschaffenen Werk. Fotografen haben daher einen gesetzlichen Anspruch auf die Nennung ihres Namens.
Das oben beschriebene Namensnennungsrecht erlischt auch mit der Übertragung der Nutzungsrechte nicht, wenn du als Kunde für die Verwendung und deine Fotos selbst bezahlst. Insbesondere bei Berufsfotografen oder Berufsfotografinnen, wie ich eine bin, dient das Recht dazu, eine Verbindung zwischen dem Fotografen und dem Bild zu knüpfen, auch als Werbezweck. Denn was gibt es Besseres, als wenn unsere Fotos den Kunden so gut gefallen, dass sie diese in den sozialen Netzwerken teilen oder für Printmedien nutzen?
Daher mein Herzenswunsch: Bitte denk an die Namensnennung, wenn du von mir aufgenommene Fotos veröffentlichst. Du bist damit rechtlich vollkommen abgesichert und machst mir zusätzlich eine riesige Freude! ♥